Die Corona Warn-App – Überblick & Eindruck

Mit der Entwicklung der Corona Warn-App, wie die im März angekündigte Tracing-App nun heißt, wurden die Unternehmen SAP und T-Systems (Tochter der Telekom) von der Bundesregierung und dem Robert Koch-Institut beauftragt. Nach Vorgaben von Google und Apple darf es pro Land nur eine offizielle Kontaktverfolgungs-App geben, dies ist in Deutschland die Corona-Warn-App.

Ziel der App

Das Ziel der Corona-Warn-App ist die Nachverfolgung und der Bruch von Infektionsketten im Fall einer Corona-Ansteckung. Dies geschieht heute durch zahlreiche Telefonate von Mitarbeitern der Gesundheitsämter, sofern das überhaupt möglich ist, und soll durch die Benutzung der App erleichtert beziehungsweise ersetzt werden. Aber was bedeutet das genau?

Mit COVID-19 infizierte Personen sind schon Tage vor dem ersten Auftreten von Symptomen ansteckend, ohne es zu wissen und zu merken. Je schneller man erfährt, dass man Kontakt mit einer solchen infizierten Person hatte und deshalb die Gefahr einer eigenen Ansteckung besteht, umso schneller kann man sich testen lassen und bereits vor einem Testergebnis vorsorglich den Kontakt mit anderen Personen einschränken (um selbst keine weiteren Personen anzustecken).

In einer Untersuchung, die in der Fachzeitschrift Science vom Big Data Institute der Universität Oxford veröffentlicht wurde, haben die Wissenschaftler den herkömmlichen Ansatz zur Identifikation und dem Bruch von Infektionsketten (nämlich Test von Personen mit Symptomen und anschließendes manuelles Aufspüren von Kontaktpersonen per Telefon) mit dem Einsatz einer Kontakt-Tracing-App verglichen. Bestimmte Annahmen wurden auf der Basis von Daten aus China und Südkorea getroffen, wie zum Beispiel, dass die Inkubationszeit im Mittel 5,5 Tage oder die (unkontrollierte) Verdopplungszeit der Infektion fünf Tage beträgt.

Während sich der Virus COVID-19 beim herkömmlichen Ansatz nicht eindämmen lässt und zu schnell ausbreitet, sieht das bei der Benutzung einer Kontakt-Tracing-App anders aus.

Die Begründung ist einfach: Während es im manuellen Verfahren nach einem positiven Corona-Test schlichtweg mehrere Tage dauert, bis die Kontaktpersonen des betroffenen Infizierten identifiziert („Mit wem hatten Sie alles Kontakt in den letzten Tagen?“) und informiert sind (das machen die Gesundheitsämter telefonisch), dauern beide Aktivitäten mit der App nur wenige Sekunden. Quasi in demselben Moment, in dem ein Infizierter in seiner App eingibt (und sich bestätigen lässt), dass er an Corona erkrankt ist, werden alle seine Kontakte, die er potenziell angesteckt haben könnte (und die die App nutzen), über ihre App informiert.

Erschwerend kommt im herkömmlichen Ansatz hinzu, dass sich die Infizierten ohne App an alle ihre Kontakte der letzten Tage erinnern müssten (nicht nur die, die ihnen bekannt sind, sondern beispielsweise auch andere Wartende in einer Schlange beim Einkaufen, die man nicht kennt, die aber länger als 15 Minuten in einem Abstand von weniger als zwei Metern in der Nähe waren).

Wie funktioniert die App

Alle zweieinhalb bis fünf Minuten sendet die App über Bluetooth LE anonymisierte Identifikationsnummern (ID-Nummern) in die nähere Umgebung und sucht ihrerseits nach ID-Nummern, die andere Smartphones in der näheren Umgebung über diese App senden. Die ID-Nummern, die länger als 15 Minuten in einer Entfernung von weniger als zwei Metern empfangen wurden (abgeschätzt durch die Stärke des empfangenen Bluetooth-Signals), werden auf dem eigenen Smartphone für 14 Tage lokal gespeichert.

Die vom eigenen Smartphone gesendeten ID-Nummern werden in der App mehrmals in der Stunde geändert (alle 10 bis 20 Minuten), damit eine eindeutige Nachverfolgung erschwert wird. Dies geschieht mit Hilfe eines eindeutigen, geheimen Schlüssels auf dem Handy.

Ist ein Nutzer der App nun mit dem Virus infiziert, so trägt er diesen Status („Ich bin infiziert“) in seine App ein. Anschließend muss er den Status – um Missbrauch vorzubeugen – noch „offiziell“ bestätigen lassen. Dies kann durch einen QR-Code des Labors, das den Corona-Test durchgeführt hat, oder eine einzugebende TAN einer Telefon-Hotline geschehen.

Anschließend wird der geheime Schlüssel vom Smartphone, mit dem die ID-Nummern erzeugt wurden, die vom Handy des Infizierten in den letzten Tagen der Gefahr einer Ansteckung an andere Menschen gesendet wurden, auf einem zentralen Server gespeichert. Dadurch können die einzelnen ID-Nummern, die gesendet wurden, rekonstruiert werden.

In regelmäßigen Abständen rufen nun alle Handys, auf denen die App läuft, alle geheimen Schlüssel beziehungsweise ID-Nummern von infizierten Personen von diesem Server ab. In jeder App wird nun lokal geprüft, ob eine der ID-Nummern von einem der Infizierten in der eigenen App gespeichert ist.

Ist dies der Fall, so war der Handybesitzer in der gefährlichen Zeit einer Ansteckung zu nah an einem Infizierten (denn sonst wäre ja nicht dessen ID-Nummer auf dem eigenen Handy gespeichert worden). Welcher Kontakt, das heißt, welcher Person man wann in welchem Abstand wo zu nahe gekommen ist, ist nicht nachvollziehbar, die kranken Personen bleiben so anonym.

Nutzung der App

Die Benutzung der App nach der Einrichtung ist schnell beschrieben. Wenn der Nutzer die App öffnet bekommt er – farblich gekennzeichnet – die Information, wie groß sein Infektionsrisiko aufgrund der empfangenen ID-Nummern der letzten Tage war, siehe Bild 1 („Niedriges Risiko“). Neben der Information beziehungsweise Warnung einer Infektion bekommt der Nutzer Verhaltenshinweise passend zur Situation, siehe Bild 2.

Bild 1: Hauptbildschirm der App
Bild 2: „Infektionsbildschirm“
Bild 3: Freigabe für ID-Nummern
Voraussetzung, dass die App funktioniert, ist nicht nur die Installation der App selber. Auch von Apple für iOS wie von Google für Android müssen bestimmte Betriebssystemversionen installiert sein, damit die Bluetooth-Signale entsprechend gesendet und empfangen werden können. Dies ist für iOS mindestens die Version 13.5 und für Android ist die Version 6 und die Unterstützung von Bluetooth LE Voraussetzung. Ausserdem müssen die Google Play Services laufen!

Auch Fehlalarme kann es natürlich mit der App geben. So wird als Beispiel oft genannt, dass man als Nutzer einer infizierten Person nahekommen kann und alarmiert wird, obwohl beim Zusammentreffen beispielsweise eine Glaswand zwischen beiden Personen war und eine Ansteckung deshalb sehr wahrscheinlich nicht stattgefunden haben kann.

Datenschutz und Datensicherheit

Die Themen Datenschutz und Datensicherheit hatten von Anfang an bei der Entwicklung der Warn-App eine große Bedeutung. So wurde die anfangs geplante Architektur mit einer zentrale Datenspeicherung (also alle Daten an einer Stelle) dann auch durch eine neue Architektur mit einer dezentralen Speicherung (die Daten werden auf den einzelnen Smartphones gespeichert) ersetzt und neue Unternehmen, eben SAP und Telekom, mit der Umsetzung beauftragt.

Die Unternehmen betonen, dass keine Geopositionen und Bewegungsprofile gespeichert werden, also wo der Nutzer wann war. Auch gibt es keine direkte Verbindung zum Gesundheitsamt. „Im Falle eines Kontakts mit einer infizierten Person sei es eine persönliche Entscheidung des Nutzers, sich beim Gesundheitsamt zu melden“, hieß es bei der Pressekonferenz.

Die Nutzung der App ist freiwillig. Die ID-Nummern werden nur gesendet und empfangen beziehungsweise gespeichert, wenn der Nutzer die App installiert und die Nutzung gestartet hat, siehe Bild 3. Auch nachträglich die App wieder zu deinstallieren und zu löschen ist kein Problem.

Mein Fazit

Die App ist einfach und übersichtlich gehalten. Die Transparenz durch Veröffentlichung des Programmcodes ist vorbildlich und die Einhaltung von Datenschutz und Datensicherheit dadurch nachvollziehbar und gegeben.

Um die Eindämmung von COVID-19 zu unterstützen, nutze ich die App und finde die Unterstützung, die sie mir gibt gut. Allerdings, auch dessen muss man sich bewusst sein, wenn ich einem Infizierten zu nahe kommen sollte, der die App nicht benutzt, so würde die App trotzdem ein „niedriges Infektionsrisiko“ melden. Man darf sich also nicht nur auf die App verlassen und auch die weiteren Schutzmassnahmen, wie beispielsweise das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes, sollten weiterhin eingehalten werden.

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